Academic teacher education profession
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• Zentralwertbezug (Parsons 1975, S.267): Professionen fungieren als Treuhänder
für zentrale gesellschaftliche Werte, z. B. Recht.4
• Vermittlungsposition und Normalisierung (John 2008, S. 15; Parsons 1975,
S.258., 1951, S.431): Professionen vermitteln „between two major aspects of
our social structure“ (Parsons 1954, S.381), etwa „between the world of sickness
and of health“ (ebd., S.381), und üben damit zusammenhängend eine soziale
Kontrolle aus, indem sie erwünschte ,Normalzustände‘ wiederherstellen.
• kognitive Rationalität (Parsons&Platt 1973, S.230.; Parsons 1954, S.376,
1951, S.432, 1937, S.365, 367): Mehr noch als andere Berufe (Parsons 1939,
S.459) sind Professionen durch ihre Wissensfundierung gekennzeichnet. Pro-
fessionelle wissen mehr, als für ihr praktisches Handeln notwendig ist, nutzen
wissenschaftliches Wissen für die Lösung praktischer Probleme, selektieren und
kombinieren wissenschaftliches Wissen und ein Teil der Profession ist damit
befasst, dieses Wissen weiterzuentwickeln. Anders formuliert sind Professionel-
le (idealtypisch) durch den Wert der kognitiven Rationalität geprägt (Parsons
1968, S.536), der eine Orientierung an Standards der Wahrheit, Logik und
Objektivität beschreibt; zugleich müssen sie diesen mit anderen Werten, Interes-
sen, Ressourcen etc. austarieren. Dadurch, dass Professionelle kognitiv rational
fundiert handeln, sind sie im Sinne des zweiten Merkmals immer auch Treuhän-
der kognitiver Rationalität.
Kognitive Rationalität ist das Kernmerkmal von Parsons’ Professionstheorie. Es ist
anders als die übrigen Merkmale im Lauf seines Schaens durchgehend zentral für
die Abgrenzung von Professionen gegenüber anderen Berufen. Darüber hinaus ist
der Wert für seine gesamte Bildungssoziologie relevant (Lischka-Schmidt 2024,
S.259., 2023, S.1116) und stellt daher inhaltlich wie theoriearchitektonisch das
für Parsons konstitutive Merkmal der Professionen dar; das zeigt sich auch darin,
dass sich die übrigen Merkmale letztlich aus dem Merkmal der kognitiven Rationa-
lität ableiten lassen. Aufschlussreich ist es, Parsons’ Professionstheorie im Verhältnis
zu seiner eorie der Hochschule zu betrachten. Für diese ist kognitive Rationalität
von überragender Bedeutung für das Handeln der betreenden Akteur:innen (Par-
sons&Platt 1968, S.I-3, I-14). Daher hängen Professionen und Hochschule (ide-
altypisch) eng zusammen (Kurtz 2019, S.4f.). Professionelle müssen kognitiv ratio-
nal handeln und sich entsprechende Wissensbestände, Fähigkeiten und Haltungen
aneignen. An den Hochschulen wird wissenschaftliches Wissen hervorgebracht und
verbreitet, wobei der Wert der kognitiven Rationalität im Idealfall Forschung wie
Lehre durchdringt. Daher sind Hochschulen die gewissermaßen ,geeignetste‘ Ein-
richtung für die Bildung Professioneller, weil sie hier am intensivsten mit dem Wert
4 Werte bezeichnen bei Parsons Handlungsstandards, also Standards, auf die im Handeln Bezug ge-
nommen werden kann, wenn verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung stehen (Lischka-
Schmidt 2023, S.1110).
doi.org/10.35468/6156-04