
Österreichische Sozialdemokratie, Schulreform und Proletarische Erziehung
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zur Emanzipation des Proletariats leisten sollte. Insofern ist sie als umfassendes
Projekt zur Umgestaltung des öentlichen Schulwesens in einem ganzen Bundes-
land über etwas mehr als zehn Jahre hinweg sogar an prominenter Stelle zu nen-
nen, wenn es um proletarische Erziehung gehen soll.
Da im vorliegenden Beitrag nur ein knapper Überblick zur ematik geboten
werden kann, möchte ich vorab auf einige umfassendere Arbeiten hinweisen. Die
folgende Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll in erster
Linie auf solche Arbeiten hingewiesen werden, die bei gängigen Recherchestrate-
gien nicht unbedingt auf Anhieb gefunden werden. Eine einigermaßen rezente
monograsche Gesamtdarstellung zur Schulreform liegt nicht vor. An älteren
Werken sind hier eine Arbeit von Ernst Papanek (1962) und die Dissertation von
Oskar Achs (1968) zu nennen. Papanek war vor seiner Emigration in die USA
einer der Mitarbeiter der Schulreform. Achs behandelt diese dagegen als nicht
beteiligter Historiograph, stützt sich aber überwiegend auf Quellen, die von Mit-
arbeitern1 der Schulreform verfasst wurden, deren Perspektive damit auch seine
Arbeit prägt. Weniger unter einer solchen perspektivischen Einschränkung leidet
die recht umfangreiche Behandlung der Schulreform in Helmut Engelbrechts
Gesamtdarstellung zur österreichischen Bildungsgeschichte (Engelbrecht, 1988,
S.9-262). Alle bisher genannten Arbeiten liegen schon über dreißig Jahre zurück.
Die seitdem erschienenen Studien fokussieren durchwegs auf einzelne Figuren,
Projekte oder Aspekte der Schulreform. Zu nennen wären etwa die im Band Das
Kind ist entdeckt versammelten Beiträge (Zwiauer & Eichelberger, 2001) sowie
Arbeiten über die individualpsychologische Versuchsschule (Wittenberg, 2002)
und das Wiener Psychologische Institut (Benetka, 1995, 2004).
Zur Arbeit der Kinderfreunde und zu sozialistischer Erziehung liegen einige länger
zurückliegende, überwiegend ideengeschichtlich orientierte Dissertationen vor
(Richartz, 1981; Schneck, 1975; Uitz, 1975). Die rezente Dissertation von Karin
Steiner (2012) trägt wenig Eigenständiges zur Forschung bei und leidet auch un-
ter einer zeitweise etwas unklaren Darstellung sowie einigen Ungenauigkeiten.
Lohnender ist ihr Buchbeitrag aus dem Jahr 2015. Hervorzuheben ist demge-
genüber die Hausarbeit von Barbara Schleicher (1986). Ihr besonderes Verdienst
liegt darin, dass sie basierend auf narrativen Interviews mit Zeitzeugen (die heute
wohl überwiegend nicht mehr am Leben sind) aufschlussreiche Schlaglichter auf
1 Eine gendersensible Schreibweise wird in diesem Text bevorzugt durch die Nennung von Angehö-
rigen beider Geschlechter realisiert. Wo das zu übermäßig komplizierten Konstruktionen führen
würde, wird das generische Femininum angewandt. Falls die Nennung von Angehörigen beider
Geschlechter oder das generische Femininum, wie hier, die konkreten historischen Gegebenheiten
verzerren würde, Frauen also aufgrund historischer Machtverhältnisse tatsächlich nicht oder gegen-
über Männern nur sehr eingeschränkt beteiligt waren, wird nur die männliche Form genannt. Bei
Komposita (z. B. „Mitarbeiterkreis“) wird gleichfalls die männliche Form belassen.
doi.org/10.35468/6162-11