Goettlicher_2025_Oesterreichische_Sozialdemokratie

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Göttlicher, Wilfried
Österreichische Sozialdemokratie, Schulreform und Proletarische Erziehung,
1918–1934
Engelmann, Christina [Hrsg.]; Haberkorn, Tobias [Hrsg.]; Miethe, Ingrid [Hrsg.]: Proletarische Pädagogik.
Verhältnisbestimmungen, historische Experimente und Kontroversen sozialistischer Bildungskonzepte. Bad
Heilbrunn : Verlag Julius Klinkhardt 2025, S. 216-232
Quellenangabe/ Reference:
Göttlicher, Wilfried: Österreichische Sozialdemokratie, Schulreform und Proletarische Erziehung,
1918–1934 - In: Engelmann, Christina [Hrsg.]; Haberkorn, Tobias [Hrsg.]; Miethe, Ingrid [Hrsg.]:
Proletarische Pädagogik. Verhältnisbestimmungen, historische Experimente und Kontroversen
sozialistischer Bildungskonzepte. Bad Heilbrunn : Verlag Julius Klinkhardt 2025, S. 216-232 - URN:
urn:nbn:de:0111-pedocs-328998 - DOI: 10.25656/01:32899; 10.35468/6162-11
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-pedocs-328998
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Wilfried Göttlicher
Österreichische Sozialdemokratie, Schulreform
und Proletarische Erziehung, 1918 – 1934
1 Einleitung
Drei Stichworte sind zu nennen, wenn es um österreichische Sozialdemokratie
bis 1934 und proletarische Erziehung geht: die Wiener Schulreform, die Kinder-
freundebewegung und die theoretische Auseinandersetzung mit sozialistischer Er-
ziehung im Rahmen des Austromarxismus, insbesondere bei Max Adler. Während
die Schulreform das öentliche Schulwesen betraf, richteten sich die Angebote
der Kinderfreunde ausschließlich an Kinder sozialdemokratischer Eltern. Was die
Arbeit der Kinderfreunde betrit, so ist insbesondere die von ihnen von 1919 bis
1923 geführte Erzieherinnenschule in Schloss Schönbrunn ein – auch über die
Grenzen Österreichs hinaus – bemerkenswertes Projekt proletarischer Erziehung.
Die austromarxistische eorie sozialistischer Erziehung steht in engem Zusam-
menhang mit der Arbeit der Kinderfreunde.
Die Schulreform ist demgegenüber als eigenständiges ema zu behandeln. Sie
hatte weitaus größere Strahlkraft, sowohl unter Zeitgenossen als auch in der His-
toriographie. Allerdings ist es gar nicht so eindeutig, ob es überhaupt angemessen
ist, sie im Kontext proletarischer Erziehung zu erörtern. Diese Reform spielte
sich nämlich, wie der Historiker und Sachbuchautor Ernst Glaser es formulierte,
„tatsächlich vornehmlich am Rande des sozialistischen und speziell austromarxis-
tischen Gedankengutes“ ab (Glaser, 1981, S. 301). Wie im Folgenden noch aus-
führlicher gezeigt werden soll, wäre es irreführend, Schulreform, Kinderfreunde
und austromarxistische Erziehungstheorie als Einheit darzustellen, wie es etwa
das knappe Portrait in Jürgen Oelkers‘ weitverbreiteter kritischer Dogmengeschichte
der Reformpädagogik (2005, S. 284) nahelegt (vgl. dazu kritisch: Göttlicher, 2020,
S.234-236). Wenn ich die Schulreform hier trotzdem erörtere, dann deshalb, weil
sie integraler Bestandteil der Kommunalpolitik im Roten Wien war, die als Versuch
zu verstehen ist, sozialistische Utopien auf kommunaler Ebene vorwegzunehmen
(Göttlicher, 2019, S. 102; Maderthaner, 2019). Ihr Ziel war nicht – wie politische
Gegner mitunter unterstellten – die Einführung sozialistischer Erziehung an den
Schulen, wohl aber eine weitreichende Verbesserung der Erziehungsverhältnisse,
die wesentlich der proletarischen Bevölkerung zugutekommen und einen Beitrag
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zur Emanzipation des Proletariats leisten sollte. Insofern ist sie als umfassendes
Projekt zur Umgestaltung des öentlichen Schulwesens in einem ganzen Bundes-
land über etwas mehr als zehn Jahre hinweg sogar an prominenter Stelle zu nen-
nen, wenn es um proletarische Erziehung gehen soll.
Da im vorliegenden Beitrag nur ein knapper Überblick zur ematik geboten
werden kann, möchte ich vorab auf einige umfassendere Arbeiten hinweisen. Die
folgende Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll in erster
Linie auf solche Arbeiten hingewiesen werden, die bei gängigen Recherchestrate-
gien nicht unbedingt auf Anhieb gefunden werden. Eine einigermaßen rezente
monograsche Gesamtdarstellung zur Schulreform liegt nicht vor. An älteren
Werken sind hier eine Arbeit von Ernst Papanek (1962) und die Dissertation von
Oskar Achs (1968) zu nennen. Papanek war vor seiner Emigration in die USA
einer der Mitarbeiter der Schulreform. Achs behandelt diese dagegen als nicht
beteiligter Historiograph, stützt sich aber überwiegend auf Quellen, die von Mit-
arbeitern1 der Schulreform verfasst wurden, deren Perspektive damit auch seine
Arbeit prägt. Weniger unter einer solchen perspektivischen Einschränkung leidet
die recht umfangreiche Behandlung der Schulreform in Helmut Engelbrechts
Gesamtdarstellung zur österreichischen Bildungsgeschichte (Engelbrecht, 1988,
S.9-262). Alle bisher genannten Arbeiten liegen schon über dreißig Jahre zurück.
Die seitdem erschienenen Studien fokussieren durchwegs auf einzelne Figuren,
Projekte oder Aspekte der Schulreform. Zu nennen wären etwa die im Band Das
Kind ist entdeckt versammelten Beiträge (Zwiauer & Eichelberger, 2001) sowie
Arbeiten über die individualpsychologische Versuchsschule (Wittenberg, 2002)
und das Wiener Psychologische Institut (Benetka, 1995, 2004).
Zur Arbeit der Kinderfreunde und zu sozialistischer Erziehung liegen einige länger
zurückliegende, überwiegend ideengeschichtlich orientierte Dissertationen vor
(Richartz, 1981; Schneck, 1975; Uitz, 1975). Die rezente Dissertation von Karin
Steiner (2012) trägt wenig Eigenständiges zur Forschung bei und leidet auch un-
ter einer zeitweise etwas unklaren Darstellung sowie einigen Ungenauigkeiten.
Lohnender ist ihr Buchbeitrag aus dem Jahr 2015. Hervorzuheben ist demge-
genüber die Hausarbeit von Barbara Schleicher (1986). Ihr besonderes Verdienst
liegt darin, dass sie basierend auf narrativen Interviews mit Zeitzeugen (die heute
wohl überwiegend nicht mehr am Leben sind) aufschlussreiche Schlaglichter auf
1 Eine gendersensible Schreibweise wird in diesem Text bevorzugt durch die Nennung von Angehö-
rigen beider Geschlechter realisiert. Wo das zu übermäßig komplizierten Konstruktionen führen
würde, wird das generische Femininum angewandt. Falls die Nennung von Angehörigen beider
Geschlechter oder das generische Femininum, wie hier, die konkreten historischen Gegebenheiten
verzerren würde, Frauen also aufgrund historischer Machtverhältnisse tatsächlich nicht oder gegen-
über Männern nur sehr eingeschränkt beteiligt waren, wird nur die männliche Form genannt. Bei
Komposita (z. B. „Mitarbeiterkreis“) wird gleichfalls die männliche Form belassen.
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die Praxis sozialistischer Erziehungsarbeit werfen kann.2 Darüber hinaus wurde
sozialistische Erziehung in Österreich wiederholt im Rahmen von nicht auf die
Verhältnisse in Österreich beschränkten Werken thematisiert. Zu nennen ist hier
etwa der Buchbeitrag von Armin Bernhard über Otto Felix Kanitz (2013).
Schulreform und sozialistische Erziehung werden im Folgenden in zwei Haupt-
kapiteln dargestellt. Erst im Anschluss an diese parallelen Darstellungen werde
ich das Verhältnis dieser beiden Aspekte proletarischer Erziehung in Öster reich
diskutieren. Der Bericht konzentriert sich auf die Zwischenkriegszeit, ohne
die vorangegangene Entwicklung gänzlich auszuklammern. Sein Ende ist mit
der Ausschaltung der Demokratie und dem Verbot der Sozialdemokratischen
Arbeiter partei (SDAP) in Österreich im Jahr 1934 klar markiert.
2 Schulreform
Die Wiener Schulreform begann eigentlich als Österreichische Schulreform. Die
erste aus allgemeinen freien Wahlen hervorgegangene Regierung der 1918 gegrün-
deten Republik war eine Koalition aus Sozialdemokraten und Christlichsozialen.
Im Rahmen dieser Regierung wurde der Sozialdemokrat Otto Glöckel mit der
Leitung der Unterrichtsagenden betraut.3 Glöckel hatte sich schon in den Jahren
davor als führender Experte für Schulpolitik in der Sozialdemokratie etabliert und
war noch während des Ersten Weltkrieges mit einem umfassenden schulpoliti-
schen Programm an die Öentlichkeit getreten (Glöckel, 1916). Er machte sich
sehr zügig an die Umsetzung eines Reformprogramms, dessen Kernvorhaben zum
einen die Neugestaltung der Methode und Sozialform des Unterrichts im Sinne
der Arbeitsschulidee, zum anderen die Gliederung des Schulsystems im Sinne
einer Einheitsschule vom ersten bis zum achten Schuljahr waren (Achs, 1968,
S.41; Glöckel, 1919, S. 2). Glöckel konnte die Position als Leiter des Staatsamtes
für Unterricht nicht einmal eineinhalb Jahre ausüben. Die Koalition zwischen
Sozialdemokraten und Christlichsozialen wurde schon im Juni 1920 gelöst und
die Sozialdemokratie gelangte bis zum Ende der Ersten Republik (1934) auf Bun-
desebene nicht mehr an die Regierung. Erst damit begann eine zweite Phase so-
zialdemokratischer Schulpolitik, die sich nun auf das Rote Wien konzentrierte,
wo Otto Glöckel bis zur Etablierung der Dollfuß/Schuschnigg-Diktatur 1934
2 Wichtige Auszüge dieser Arbeit sind auch in ihrem Zeitschriftenbeitrag aus dem Jahr 2003 wieder-
gegeben.
3 Er war allerdings nicht Unterrichtsminister, wie gelegentlich irrtümlich behauptet wird. Das Amt
eines Unterrichtsministers existierte in der damaligen Regierung nicht (Göttlicher, 2020, S. 231 –
insbesondere Fußnote 235).
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摘要:

Göttlicher,WilfriedÖsterreichischeSozialdemokratie,SchulreformundProletarischeErziehung,1918–1934Engelmann,Christina[Hrsg.];Haberkorn,Tobias[Hrsg.];Miethe,Ingrid[Hrsg.]:ProletarischePädagogik.Verhältnisbestimmungen,historischeExperimenteundKontroversensozialistischerBildungskonzepte.BadHeilbrunn:Ver...

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