Ulmcke_Liu_2025_Der_Studierendenhabitus

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Ulmcke, Adrian; Liu, Mei-Ling
Der Studierendenhabitus und seine Bedeutung für das Lehrer:in-Werden
Leonhard, Tobias [Hrsg.]: Lehrer:in werden. Trajektorien in den Lehrberuf. Bad Heilbrunn : Verlag Julius
Klinkhardt 2025, S. 100-133. - (Studien zur Professionsforschung und Lehrer:innenbildung)
Quellenangabe/ Reference:
Ulmcke, Adrian; Liu, Mei-Ling: Der Studierendenhabitus und seine Bedeutung für das Lehrer:in-Werden -
In: Leonhard, Tobias [Hrsg.]: Lehrer:in werden. Trajektorien in den Lehrberuf. Bad Heilbrunn : Verlag
Julius Klinkhardt 2025, S. 100-133 - URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-328819 - DOI: 10.25656/01:32881;
10.35468/6161-04
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-pedocs-328819
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Adrian Ulmcke und Mei-Ling Liu
Der Studierendenhabitus und seine Bedeutung
für das Lehrer:in-Werden
Zusammenfassung
Der Beitrag schliesst an Forschungsarbeiten zur Bedeutung des Habitus im
Studium an, versucht eine Schärfung des Begris des Studierendenhabitus im
Studium zum Lehrberuf und postuliert eine damit einhergehende forschungs-
konzeptionelle Präzisierung. Die Bedeutung des Studierendenhabitus zu er-
gründen und ein vertieftes Verständnis zu erlangen, welche Rolle habituelle
Dispositionen von Studierenden für den Professionalisierungsprozess während
des Studiums und das Lehrer:in-Werden spielen, stellt weiterhin ein Desiderat
dar, an das wir mit diesem Beitrag anschliessen. Wie der Studierendenhabi-
tus beim Umgang mit dem Studium als besondere Qualizierungsphase das
Lehrer:in-Werden prägt, ermöglicht oder limitiert, ist die zentrale Fragestellung
des Beitrags.
Dafür wurden exemplarisch jeweils eine längsschnittliche Fallstudie aus zwei
Projekten, deren Daten in Deutschland und der Schweiz erhoben wurden, mit-
tels Sequenzanalytischer Habitusrekonstruktion rekonstruiert und miteinander
verglichen. Die zwei Fallstudien stellen durch die Habitusrekonstruktion dar,
wie sich die jeweils befragte Studentin zu Beginn und zur Mitte des Studiums
zur Primarlehrerin positioniert und mit den jeweiligen Studienanforderungen
umgeht. Durch den Längsschnitt lässt sich exemplarisch nachvollziehen, wie
sich der jeweilige Studierendenhabitus wandelt oder reproduziert. Die Rekonst-
ruktionen der beiden Fälle werden ergebnisorientiert dargestellt und schliesslich
aufeinander bezogen. Als dominante Gemeinsamkeit der Studierendenhabitus
in beiden Fallstudien zeigt sich eine Instrumentalisierung des Studiums beim
Umgang mit dessen Qualikationsanforderung sowie eine dynamische Repro-
duktion im Längsschnitt, welche weder in die Genese eines wissenschaftlich-
erkenntniskritischen Forschungshabitus, noch eines praktischen Habitus pro-
fessionellen Könnens mündet.
Schlagwörter: Lehrer:innenbildung; Primarschule; Professionalisierung;
Sequenzanalytische Habitusrekonstruktion; Studierendenhabitus; Wissenschaft-
lich-reexiver Habitus
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Der Studierendenhabitus und seine Bedeutung für das Lehrer:in-Werden
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Summary
e article builds on research work on the signicance of habitus during stu-
dies. It attempts to sharpen the concept of student habitus in teacher studies.
Gaining a deeper understanding of the role that students’ habitual dispositions
play in the professionalization process during their studies and in becoming
a teacher is still a research gap that this article aims to close further. How the
student habitus shapes, enables or limits the studies in becoming a teacher is the
central question of the article.
erefore, two longitudinal case studies from data collected in Germany and
Switzerland were reconstructed and compared using sequence-analytical habi-
tus reconstruction. e two case studies show how the students interviewed
at the beginning and middle of their studies position themselves in relation
to the primary school teaching degree program and how they deal with study
requirements. e longitudinal section provides insights into how a particular
student habitus changes or is reproduced. e reconstructions of the two cases
are presented in a results-oriented manner and nally related to each other. e
predominant common feature of the student habitus in both case studies is an
instrumentalization of studies in dealing with its qualication requirements as
well as a stability as dynamic reproduction in the longitudinal section, which
does not lead to the genesis of either a scientic-critical research habitus or a
practical habitus of professional ability.
Keywords: habitus of scientically guided reection; primary school; se-
quence-analytical habitus reconstruction; student habitus; teacher education;
teacher professionalization
1 Einleitung
Die strukturtheoretische Perspektive des Habitus (Bourdieu, 1979) und insbeson-
dere der Blick auf den Habitus Studierender erfreut sich seit ersten Arbeiten von
Huber et al. (1983), Apel (1989) sowie Huber (1991) einem wachsenden Interesse
und zunehmender Publikationstätigkeit (vgl. ParadeParade et al. 2020; Košinár &
Laros, 2022; Kowalski, 2022; Košinár, 2024; Pallesen, 2024). Ziel dieses Beitrags
ist es, neben der Untersuchung der Bedeutung des Studierendenhabitus für das
Lehrer:in-Werden auch eine begriiche Schärfung des Konzepts vorzunehmen.
Dafür werden wir im Folgenden die theoretischen Bezüge auf den Habitus darle-
gen und den aktuellen Forschungsstand mit Fokus auf den Habitus zukünftiger
Lehrpersonen zusammenfassen sowie die bisherigen Anschlüsse an strukturtheo-
retische Professionalisierungsentwürfe aufzeigen (2). Wir werden im Rückgri auf
die Sequenzanalytische Habitusrekonstruktion (Kramer, 2019) das methodische
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Vorgehen transparent machen (3) und auf dieser Basis zwei exemplarische längs-
schnittliche Rekonstruktionen aus dem Projekt «Trajektorien in den Lehrberuf»
(TriLAN)1 und dem Projekt «Entwicklung eines Studierendenhabitus im Grund-
schullehramtsstudium als Bestandteil der Lehrerprofessionalisierung?»2 darstellen
(4). Da im Beitrag auch die Bedeutung des Habitus in seiner dynamischen Repro-
duktion befragt werden soll, werden die längsschnittlichen Auswertungen aus den
Projekten miteinander kontrastiert (5). In der abschliessenden Synthese (6) der
theoretischen Schärfung und empirischen Rekonstruktion kann eine erste Ant-
wort auf die Frage gegeben werden, wie der Studierendenhabitus beim Umgang
mit dem Studium als besondere Qualizierungsphase das Lehrer:in-Werden prägt,
ermöglicht oder limitiert.
2 eoriebezüge und Forschungsstand
2.1 Habitus
Pointiert lässt sich ein Habitus als strukturierte und strukturierende Struktur cha-
rakterisieren. Strukturiert ist der Habitus dadurch, dass er sich auf «einen spezi-
schen Typus von Umgebung» bezieht und strukturierend als Erzeugungsprinzip
von Praxisformen in der Art entworfen ist, dass er unbewusst und implizit «ohne
das Werk der planenden Tätigkeit eines ‹Dirigenten› zu sein» (Bourdieu, 1979,
S.165) eine kollektive Abstimmung der Praxis ermöglicht. Dabei werden im Lau-
fe der Biograe Habitusformen als «Systeme dauerhafter Dispositionen» erzeugt,
die «als Erzeugungs- und Strukturierungsprinzip von Praxisformen und Repräsen-
tationen» dienen (Bourdieu, 1979, S. 165). Der Habitus ist dabei explizit nicht
deterministisch konzeptualisiert (Bourdieu, 1993, S. 103). Konkret lasse sich der
Habitus als «Handlungs-, Wahrnehmungs- und Denkmatrix» verstehen, die es
erlaube, «dank der analogischen Übertragung von Schemata» und der «dialektisch
geschaenen Korrekturen» die Lösung «unendlich dierenzierte[r] Aufgaben»
(Bourdieu, 1979, S. 169) – man könnte diese auch Anforderungen nennen – zu
erfüllen. Die Herausbildung dieser Matrix ist immer auf ein Feld bezogen. Felder
lassen sich nach Bourdieu als «autonome Sphären [denieren], in denen nach
jeweils besonderen Regeln ‹gespielt› wird» (Bourdieu, 1992, S. 187). Ein Feld
hört damit dort auf, wo die ‹Regeln› des (Spiel-)Feldes und deren implizite Anfor-
derungen nicht mehr gelten. Dies bedeutet auch, dass sich Felder überschneiden
können, wenn die gleichen ‹Regeln› in verschiedenen Feldern gelten. Der Habitus
wird dann zum «Spiel-Sinn» (Bourdieu, 1992, S. 84), der darin besteht, die im
Feld geltenden ‹Regeln› zu beherrschen. Zwar ist das opus operatum als Ergebnis
des modus operandi als Erzeugungsprinzip nicht determiniert, jedoch besticht das
1 Gefördert durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF), Projektnummer 100019_189161.
2 Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Projektnummer 528853156.
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Erzeugungsprinzip selbst mit einem starken Beharrungsvermögen, was Bourdieu
unter dem Begri der «Hysteresis» als ein «Verharren in ihrem Sosein» fasst, wel-
che selbst dann zu einer Stabilität habitueller Dispositionen führt, wenn die äus-
seren Bedingungen sich verändert haben und nicht mehr passen (Bourdieu, 1993,
S. 116f.). Ein Habitus muss sich demnach nicht an ein neues Feld anpassen. Man
könne in der «Anpassung des Habitus an die objektiven Bedingungen (eher) einen
‹Sonderfall des Möglichen› erkennen» und in der Folge könne «das Weiterwirken
der Erstkonditionierungen in Gestalt des Habitus» auch dazu führen, dass sich
«Dispositionen unerwünscht auswirken und Praktiken den vorliegenden Bedin-
gungen objektiv unangepaßt» sind (Bourdieu, 1993, S. 116f.). Es ist auch mög-
lich, «dass die vom Habitus erzeugten und von den früheren Produktionsbedin-
gungen ihrer eigenen Erzeugungsgrundlage beherrschten Praktiken immer dann
an die objektiven Bedingungen vorangepaßt sind, wenn die Bedingungen, unter
denen der Habitus fungiert, immer noch gleich oder ähnlich den Bedingungen
sind, unter denen er gebildet wurde» (Bourdieu, 1993, S. 116). Folglich kann
die Hysteresis nicht nur in Form der Nicht-Passung, sondern auch in Form der
Passung auftreten, gerade wenn die Anforderungslogiken des einen Feldes mit
denen des nächsten Feldes grosse Ähnlichkeit aufweisen. Die Inkorporierung
der Struktur des Feldes in den Habitus geschieht durch eine «Natur gewordene
Geschichte» (Bourdieu, 1979, S. 171) und bedarf daher längerer Zeiträume. In
dieser längeren Teilnahme am Spiel eines Feldes ist es dann grundsätzlich mög-
lich, dass sich bereits vorhandene Dispositionen stabilisieren, verstärken, kontu-
rieren oder transformieren. Insofern macht «gerade die Logik seiner Genesis […]
aus dem Habitus eine chronologisch geordnete Serie von Strukturen, worin eine
Struktur bestimmten Rangs die Strukturen niedrigeren – folglich genetisch frü-
heren – Rangs speziziert und die Strukturen höheren Rangs durch Vermittlung
einer strukturierenden Aktion, die sie gegenüber den strukturierten generativen
Erfahrungen dieser Strukturen ausübt, wiederum strukturiert» (Bourdieu, 1979,
S. 188).
2.2 eoretische Heuristik zum Studierendenhabitus
Die Konzeptualisierung des Habitus als chronologisch geordnete Serie von
Strukturen greifen Kramer (2015) und Helsper (2018a, 2018b, 2019) auf und
machen diese biographisch-feldspezische Perspektive für den Diskurs der
Lehrer:innenbildung anschlussfähig. Beide unterscheiden zum einen biographie-
spezische Habitusformen wie den familiären, primären Herkunftshabitus sowie
den erworbenen individuellen Habitus und zum anderen feldspezische Habitus-
formen wie Schüler- und Lehrerhabitus. Gerade im Fall des Lehrberufs stosse man
auf die Besonderheit, dass Lehrpersonen mindestens zwölf Jahre Schülerinnen
oder Schüler waren. Es bildet sich dadurch ein «Schattenriss eines Lehrerhabi-
tus» (Helsper, 2018a, S. 126) heraus, der durch den weiteren Gang durch das
doi.org/10.35468/6161-04
摘要:

Ulmcke,Adrian;Liu,Mei-LingDerStudierendenhabitusundseineBedeutungfürdasLehrer:in-WerdenLeonhard,Tobias[Hrsg.]:Lehrer:inwerden.TrajektorienindenLehrberuf.BadHeilbrunn:VerlagJuliusKlinkhardt2025,S.100-133.-(StudienzurProfessionsforschungundLehrer:innenbildung)Quellenangabe/Reference:Ulmcke,Adrian;Liu,...

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