
Caroline ist zum Zeitpunkt des Interviews 28 Jahre alt. Sie ist in einer
mittelständischen Kaufmannsfamilie aufgewachsen und hat einen jüngeren Bruder.
Ihre Eltern führen einen Einzelhandelsbetrieb, der seit mehreren Generationen im
Besitz der Familie ist und auch in Carolines Kindheit den zentralen Ort des
Familienlebens darstellt. Sie verbringt mit ihren Freundinnen nach der Schule die
Nachmittage im Geschäft, leidet jedoch damals wie heute unter der Dominanz des
Geschäftsalltags im Familienleben.
Also als Kind ist das irgendwie, also was ich echt doof fand, auch nachher
dann noch, und heute ist das teilweise auch noch so, dass man sich immer
mit dem Geschäft arrangieren muss, das heißt, wenn man mal Probleme
hat oder so, also auch früher, man kommt von der Schule und es ist echt
irgendwie nur ätzend gewesen und, weiß ich nicht, schlechte Noten und
überhaupt Stress oder so, dass man dann unter Umständen keine
Möglichkeit hatte, das zu erzählen, weil die Mutter gerade Kundschaft hat.
(407-413)[1]
Außerhalb des Geschäftslebens wächst Caroline in einer musikalisch geprägten
Umgebung auf, die insbesondere ihr Vater durch das abendliche Klavierspiel
gestaltet. Zudem sind die Eltern Klassik-Liebhaber und verfügen über eine
beträchtliche CD-Sammlung. Dementsprechend beeinflusst die Musik den Alltag des
Familienlebens. Caroline wird nicht nur durch das Hören von Musik, sondern auch
aktiv durch einen vielfältigen Instrumentalunterricht an die Musik herangeführt. Nach
der musikalischen Frühförderung in den ersten Kinderjahren nimmt sie sechs Jahre
am Blockflötenunterricht teil; mit zehn Jahren lernt sie Klavier spielen, etwas später
erhält sie ein halbes Jahr lang Gitarrenunterricht. Im Alter von 15 Jahren wird sie
durch die Initiative ihrer Eltern an das Saxophon herangeführt. Zunächst spielt sie nur
auf Wunsch des Vaters Saxophon; mit der Zeit entwickelt sie auch ein eigenes
Interesse daran. Nach jahrelangem Klassikunterricht interessiert sie sich für andere
Stilistiken und entdeckt die Möglichkeit der Improvisation. Sie spielt schon bald in
einer Schülerband ihrer Instrumentallehrerin und später in der Big-Band der Schule.
Das Saxophon ist bis heute ihr Hauptinstrument. Nach dem Abitur absolviert Caroline
zunächst eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau im elterlichen Betrieb. Trotz
ihrer geringen Freizeit nimmt sie weiterhin Saxophonunterricht. Nach der
zweijährigen Berufsausbildung entschließt sich Caroline in einem längeren Prozess
gegen die spätere Übernahme des elterlichen Betriebes, weil sie
Instrumentalpädagogik studieren möchte. Sie muss für diesen Entschluss einige
„Kämpfe“ mit den Eltern und Großeltern führen.
Ja, das war klar, den [Familienbetrieb, S.Th.] übernehme ich dann, das
war für alle klar, war vor allem auch meinen Großeltern klar, ist ja ein
Familienbetrieb, und meine Oma lebte damals noch, und das war allen klar
von vornherein, dass das so laufen würde. [...] Ja, das war für alle klar,
dass das so kommen sollte. Insofern war das auch ein entsprechender
Kampf, als ich gesagt hatte, das soll aber nicht so kommen. (371-379)
Caroline ist nach der Ausbildung nur noch zwei Tage pro Woche im Familienbetrieb
tätig. Mit 22 Jahren beginnt sie in den Niederlanden ein Studium der
Instrumentalpädagogik. Verschiedene Schwierigkeiten an der Hochschule
veranlassen sie nach drei Jahren den Studienort zu wechseln und das Studium an
der deutschen Musikhochschule in B. weiterzuführen. Zum Zeitpunkt unseres
Gespräches studiert Caroline seit zwei Jahren in B. und wird in Kürze das Studium