PaedKorr_2000_26_Euler_Veraltet_die_Bildung

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Euler, Peter
Veraltet die Bildung? Oder: kritische Bildungstheorie im vermeintlich
"nachkritischen" Zeitalter!
Pädagogische Korrespondenz (2000) 26, S. 5-27
Quellenangabe/ Reference:
Euler, Peter: Veraltet die Bildung? Oder: kritische Bildungstheorie im vermeintlich "nachkritischen"
Zeitalter! - In: Pädagogische Korrespondenz (2000) 26, S. 5-27 - URN: urn:nbn:de:0111-opus-77528 -
DOI: 10.25656/01:7752
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-opus-77528
https://doi.org/10.25656/01:7752
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Essay
5 Peter Euler
Veraltet die Bildung?
Oder Kritische Bildungstheorie im vermeintlich »nachkritischen« Zeitalter!
28 Kältestudie I
Andreas Gruschka
Es ist eben, wie es ist
Über die fraglose Übernahme der Strukturen, die Kälte verursachen
39 Kältestudie II
Martin Heinrich/Markus Uecker
Vom richtigen Leben im falschen
»Idealisierung falscher Praxis« als Reaktion auf bürgerliche Kälte
49 Didaktikum l
Marion Pollmanns
Kluges Lernprozesse live
Zur möglichen Nutzung des Fernsehens als Medium
73 Aus den Medien
Wolfgang Denecke
Adorno und der Äther
Zu Adornos Sprachkälte
80 Didaktikum II
Helmut Stövesand
Schulentwicklung nach Klippert
Über den Anspruch, mittels Dressur Selbständigkeit zu fördern
Dokumentation l
95 Erarbeitung einer gemeinsamen Vision
Vermischtes
96 Karl-Heinz Dammer
Die Bildungsreform als Runninggag
Dokumentation II
105 Bildungsrekordler
Peter Euler
Veraltet die Bildung?
Oder: Kritische Bildungstheorie im
vermeintlich »nachkritischen« Zeitalter!
I
ERSTE ASSOZIATIONEN UND IMPLIKATIONEN ZUR FRAGE:
VERALTET DIE BILDUNG?
Inwiefern macht es Sinn, sich die Frage nach dem Veralten der Bildung zu stellen?
Meint sie die seit geraumer Zeit von Bildungspolitikern zu hörende Aussage:
»Humboldt ist tot!«? Widerspricht das aber wiederum nicht der herrschenden
Rhetorik vom »Megathema Bildung« (Roman Herzog) sowie der Realität, die ihren
historisch neuesten Ausdruck in einem komplexen und expandierenden Feld der
Weiterbildung findet?
Nie gab es soviel Forderung nach Bildung, nie soviel öffentlich finanzierte und
zunehmend auch privat organisierte Bildungsinstitutionen und -aktivitäten. Die Not-
wendigkeit dazuzulernen, umzulernen, sich neuen Herausforderungen zu stellen,
Fremdes zu verstehen, neue Lebenssituationen bewältigen zu müssen usw. ist doch
evident. Worauf richtet sich also die Frage? Oder versteht sie sich anders, nämlich als
Klage der Kritiker über das Verschwinden bzw. die wachsende Unmöglichkeit von
Bildung?
In einem Ankündigungstext zu einem Symposion1 mit dem Thema: Veraltet die
Bildung? handelt es sich auch weniger um eine Frage denn um den Verdacht einer
gesellschaftlichen Regression, die sich zunehmend aller gesellschaftlichen Bereiche
bemächtigt. Der Theoretiker beobachtet und kommentiert diese Regression seit
langem und sieht nun sogar das Herzstück der Kritik erfasst: die Bildung. Aber wie
verträgt sich das mit der oben zitierten Realität der Bildung?
Zur Erklärung dieses Umstandes bleibt nur der »kritische Weg«, also die
Annahme, dass das nominell »Bildung« betitelte wachsende Quantum an gesell-
schaftlicher Transformationsanstrengung eben von »problematischer« Qualität ist.
Die Kritiker lassen sich durch die permanente Steigerung von Bildungsangeboten
und -maßnahmen nicht blenden und erkennen, dass es sich bei diesen Angeboten
»eigentlich« gar nicht um Bildung im richtig verstandenen Sinne handelt. Es ist
Scheinbildung, Halbbildung oder was immer - jedenfalls nicht Bildung.
Auch der Ankündigungstext des Symposions verrät ohne Umschweife, dassr ihn
die Titelfrage schon beantwortet ist »Zu diskutieren wäre, welche Mächte es sind, die
dem Veralten von Bildung Vorschub leisten.« Dazu werden Vorschläge gemacht! Ganz
anders als in Kants Bildungsvorstellung: der Ermöglichung von individueller
Autonomie, identifiziert die Kritik »postmoderne Geister«, auf deren Rechnung der
6 Pädagogische Korrespondenz
»Abschluss der metaphysischen Desillusionierung«, die »Entsorgung des überkom-
menen Begriffsballasts« und die »Ablösung ... (eines) kritischen Denkens« gehen.
»An die Stelle der von Kant geforderten Mündigkeit sind Kompetenzen,
Schlüsselqualifikationen und Selbstbehauptungsstrategien monadischer Chaospiloten
getreten.« Die Mächte dieser Geister, die anscheinend diese Selbstverwirklichungsegos
hervorbringen, lassen sich in den Verblödungskartellen der »Kulturindustrie« verorten,
die mit »medialem junk food« die außengeleiteten, narzisstischen Charaktere, die sich
als frei erscheinen und die schon David Riesmann »lonely crowd« nannte,
perfektionieren. Die postmoderne Scheinbefreiung aber stehe im Dienst einer per-
vertierten Ökonomie, die nicht mehr als solche erkannt wird. Postmoderne Propaganda
und Neoliberalismus verhalten sich zueinander, wie der Talkmaster zu unserer irrsinni-
gen Wirtschaftsordnung. Der Hypertrophie an »Bildungsangeboten« korrespondiert ein
die gesamte Gesellschaft kennzeichnender Bildungsverfall.
Jetzt ist es nicht so, dass die so argumentierenden Kritiker eindimensional, gar
undialektisch verführen. Es ist auch keineswegs so, dass sie gar die traditionale
Bildungr sakrosankt erklärten. Aber um ein letztes Mal diesen Einladungstext zu
zitieren, verhält es sich doch wie folgt: »Die Antinomie, die Bildung stets innewohnt,
droht sich nach ihrer verwertenden Seite aufzulösen.« D.h. a) die Antinomie war der
Bildung stets eigen und b) sie ist im Begriff sich zugunsten völliger Affirmation auf-
zulösen.
Damit ist nicht das Ende kritischen Denkens eingeläutet, vielmehr erhöhte
kritische Anstrengung verlangt. Ich glaube sogar, dass die kritische Theorie in ihrer,
wie ich finde, konsequentesten erkenntniskritischen und methodologischen Selbst-
thematisierung, nämlich als »Negative Dialektik«, noch keineswegs ausreichend in
unserer kritischen Bildungsdiskussion entfaltet worden ist. Den Weg dazu freizu-
machen, erfordert von Seiten der Kritik auch einen selbstkritischen Blick, zu dem ich
mit eingen Überlegungen beitragen möchte.
Was mich zu der Einlassung veranlasst hat, ist zweierlei. Da ist zum einen in den
Arbeiten derjenigen kritischen Theoretiker, die sich bewusst nicht der Haber-
mas'schen Linie anschlossen und konsequent auf den Spuren von Adorno und Benja-
min bleiben, ein wahrnehmbarer
vornehmer Ton,
der sich schon vorab sicher darin zu
sein scheint, dass die jeweils neuesten Theorieentwicklungen als »Fortschritt der
Regression«2 wahrzunehmen sind. Hier wird gewissermaßen das Gesetz des tenden-
ziellen Falls des Kulturniveaus und der Denkfähigkeit, also des Verlusts des humanen
Überschusses über die gesellschaftliche Funktionalität hinaus zum a priori der Kritik.
Wenn natürlich die Antinomie der Bildung tendenziell nur noch das Geschäft des
Verfalls bedient, dadurch seine Qualität als Widerspruch im Sinne der Subversion3
verliert, der eben auch eine herrschaftskritische Durchbrechung einschlösse, dann
allerdings wäre diese Theorie richtig.
Aber genau dieses Wissen entzieht sich dem Wissbaren. Es ist explizit seit Kants
berühmten drei Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?
a priori ausgeschlossen, theoretische Gewissheit über das zu Hoffende haben zu
können. Was die Geschichte bringt, weiß keine und keiner! Allerdings kann und
sollte die Theorie durch Analysen dem Erhoffbaren den Stoff geben, zumindest aber
nicht das Nichtwissbare wiederum positiv als Negatives deuten.
Veraltet die Bildung? • 7
Die von mir kritisierte Position der Kritiker ist denn auch nicht durch ihre Theorie
gedeckt, sondern verrät vielmehr eine Haltung, einen Habitus, von dem ich vermute,
dass er sich noch immer an den des Philosophen aristotelischer Provenienz
anschließen lässt, einen Bios theoretikos oder, lateinisch, die Vita contemplativa.
Nicht, dass ich den Abstand vom Getriebe als Bedingung sensibler Reflexion
verkennte, aber es charakterisiert geradezu die Reflexion kritischer Theorie, dass sie
diese Differenz selbst als Problem der Kritik thematisiert und nicht stillschweigend
beansprucht. Letzteres befördert bzw. bedeutet aber auch eine theoretische Ver-
stellung der Sachen, mit denen sie jeweils neu konfrontiert ist. Inwieweit kann sie das
Neue auch als nicht nur neue Gestalt des zu Kritisierenden wahrnehmen?
Und damit komme ich zum Zweiten. Ich bin und rede als Pädagoge und Bildungs-
theoretiker. Auch der weiß nicht, was mit Gewissheit zu hoffen sei; eine Pädagogik,
die das Unerkennbare als Gegenstand ihrer Forschung ausgäbe, machte sich so
lächerlich, wie manche der Verächter der Pädagogik das gerne sähen und folglich
auch tatsächlich sehen. Die Pädagogik kann sich aber die Vornehmheit der Absenz
von Praxis in der Theorie nicht leisten. Die jeder Theoriebildung eigene Spekulation,
ohne die sie nicht wäre, hat in Pädagogik und Bildungstheorie notwendig normative
Beziehungen auf die Re-Generationsprozesse und die Bildungspraxen. Das meint
nicht nur, dass pädagogische Theorie eine Praxis ist das gilt auchr Philosophie
sondern dass sie in sich selbst theoretisch auf Praxis bezogen ist.r kritische Bil-
dungstheorie sowohl die philosophisch-soziologischer als auch die pädagogischer
Provenienz -r die ich hier Adorno und Heydorn heranziehe - ist allerdings charak-
teristisch, dass sie diese Beziehung zur Praxis nicht als Kontinuität von Theorie in
Praxis denken. Weder die geisteswissenschaftliche noch die technologische Vor-
stellung von Vermittlung bzw. Lernen, mit ihren Übergangsimplikationen von außen
nach innen, sind dem Subjekt und den Bedingungen der Bildung angemessen.
Kritischen Theorien ist vielmehr die Arbeit am Widerspruch Thema. Das gilt, wenn
man dem bislang immer noch geltenden akademisch hierarchisierten Gefälle von
Philosophie zur Pädagogik folgt, sowohlr die Wahrheitssuche (Philosophie) als
auchr die Wahrheitsvermittlung (Pädagogik). Doch wie kann das Altem der
Bildung einer Kritik zugänglich sein, wenn die kulturell-gesellschaftliche Verfassung
unter der Perspektive der Regression perzipiert und ausgelegt wird? Mit dem Altern
ist nämlich nicht nur die Frage nach Gestaltänderungen eines im Kern überzeitlich
wahr Bleibenden aufgeworfen, sondern im strengen Sinne die nach der Historizität
der Wahrheit von Bildung und Kritik selbst.
Im Folgenden möchte ich dem Altern
von Bildung
und
Kritik
in einigen Anläufen
nachgehen. Gemeinsam ist ihnen das Thema der
Selbstbezüglichkeit bzw.
der
Selbst-
widersprüchlichkeit von Bildung,
die aber unter Bedingungen verstärkter Vergesell-
schaftung zum Problemr das Selbstverständnis von Bildung und Kritik werden.
Die bildungstheoretische Perspektive ist eine, die das analysierbare soziale Gesche-
hen als Hervorgebrachtes versteht und dadurch als eines, zu dem prinzipiell auch ein
kritisches Verhältnis besteht. Sollte unsere Epoche im Begriffe sein, sich zu einer
»nachkritischen« zu entwickeln, träfe das den Existenznerv von Bildung. Anderer-
seits zwingt allein schon die Denkbarkeit einer solchen Entwicklung zur konsequent
selbstkritischen Reflexion, inwiefern die Resultate gegenwärtiger ZiviIisations-
摘要:

Euler,PeterVeraltetdieBildung?Oder:kritischeBildungstheorieimvermeintlich"nachkritischen"Zeitalter!PädagogischeKorrespondenz(2000)26,S.5-27Quellenangabe/Reference:Euler,Peter:VeraltetdieBildung?Oder:kritischeBildungstheorieimvermeintlich"nachkritischen"Zeitalter!-In:PädagogischeKorrespondenz(2000)26...

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