Menzinger, Sura & Mahlau, Digitale Medien im inklusiven Unterricht – Evaluation eines Seminars zur Fö…
1. Einleitung
Kinder und Jugendliche wachsen heutzutage in eine „mediatisierte Gesellschaft“ (Krotz, 2001)
hinein, nutzen digitale Medien selbst regelmäßig und besitzen mit steigendem Alter vermehrt
eigene digitale Geräte, wie die JIM- und KIM-Studie des mpfs zeigen (Medienpädagogischer
Forschungsverband Südwest [mpfs], 2020, 2022). Auch wenn innerhalb der medienpädagogi-
schen Disziplin noch reger Diskussionsbedarf darüber besteht, wie das Konzept Medienkompe-
tenz insgesamt – in ihren vier Dimensionen „Medienkritik“, „Medienkunde“, „Mediennutzung“,
„Mediengestaltung“ (Baacke, 1996) – präzisiert werden kann (Hugger, 2022) so besteht doch
Einigkeit darüber, dass Kinder und Jugendliche in der Medienaneignung und der Entwicklung
ihrer Medienkompetenz zu unterstützen sind und ihnen damit ein sicherer, selbstbestimmter
Umgang mit Medien zu vermitteln ist. Eben dies ist Teil des Bildungsauftrags aller Schulen in
Deutschland (KMK, 2012, 2017, 2021). Das Konzept der Medienbildung (Jörissen & Marotzki,
2009) wiederum stellt zusätzlich die Erforschung von Bildungsprozessen und Bildungspotenzia-
len im Zusammenhang mit Medien ins Zentrum der Betrachtung: Verändern Medien die Art und
Weise, wie Kinder und Jugendliche die Umwelt und andere Personen sehen und welchen
Einfluss haben sie bspw. auf die Identitätsbildung? [1]
Nach Bosse und Hasebrink (2016) bestehe eine digitale Kluft, hinsichtlich des Zugangs und der
Nutzung von digitalen Medien bei Menschen mit und ohne Behinderung. So zeigt sich, dass
besonders Menschen mit Lernschwierigkeiten deutlich seltener digitale Medien nutzen, vergli-
chen mit Menschen ohne Behinderung oder Menschen mit Beeinträchtigungen im Sehen, Hören
oder körperlich motorischen Funktionen. Die Nutzung steht dabei insbesondere in Zusammen-
hang mit den Lebensbedingungen, so dass Personen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung in
Betreuungseinrichtungen leben, seltener Zugang zu digitalen Geräten haben. Darüber hinaus
zeigt sich, dass eine geringere Lesefähigkeit das Verständnis und die Bedienung digitaler Me-
dien für Betroffene erschwert (Bosse & Hasebrink, 2016). Dies verdeutlicht auch, dass Medien-
kompetenz keine Fähigkeit ist, die bei Kindern und Jugendlichen bereits dadurch entsteht, dass
sie in eine digitalisierte Welt hineinwachsen. Vielmehr bedarf es gezielter Angebote der Interak-
tion und Auseinandersetzung mit digitalen Medien, um Medienkompetenz zu entwickeln. [2]
Schulen und Lehrer:innen sind wichtige Akteure bei der Gewährleistung digitaler Teilhabe,
indem sie digitale Lernangebote schaffen, die die Bedürfnisse aller Schüler:innen in den Blick
nehmen. Digitalisierung und Inklusion stellen daher Querschnittsthemen der schulischen Bil-
dung dar, mit denen sich (angehende) Lehrkräfte aller Fachrichtungen auseinandersetzen müs-
sen. Der Aufbau notwendiger Kompetenzen ist daher essenziell, damit Lehrer:innen medienpä-
dagogische Angebote entwickeln können, die auf heterogene Lerngruppen angepasst sind und
allen Schüler:innen die Möglichkeit bieten, ihre Medienkompetenz dem eigenen Lernstand
entsprechend auszubauen. [3]
2. Medienbildung und Inklusion
2.1. Medienbildung in der Schule
Die KMK greift mit ihren Beschlüssen zur „Medienbildung in der Schule“ (KMK, 2012), „Bildung
in der digitalen Welt“ (KMK, 2017) und „Lehren und Lernen in der digitalen Welt“ (KMK, 2021)
die Notwendigkeit auf, dass Kinder und Jugendliche Medienkompetenz erwerben müssen und
fordert die Schulen auf, hier mitzuwirken. Sie definiert zu diesem Zweck sechs Kompetenzberei-
che, die Schüler:innen in einer digitalen Welt brauchen: Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren,
Kommunizieren und Kooperieren, Produzieren und Präsentieren, Schützen und sicher Agieren,
Problemlösen und Handeln, Analysieren und Reflektieren. Zusätzlich werden Ziele im Hinblick
auf deren curriculare Einbindung im Schulbereich sowie die pädagogischen Anforderungen an
digital gestützte Lehr- und Lernprozesse definiert (KMK, 2017). Bei der Umsetzung der Vorga-
ben in die Praxis spielen Lehrer:innen eine zentrale Rolle, welcher in den letzten vier Jahrzehn-
ten zunehmend Aufmerksamkeit in der Forschung zukommt (Wohlfahrt & Wagner, 2022).
Kernthemen sind dabei unter anderem die Medienkompetenz der Lehrkräfte, welche grundle-
gend ebenfalls durch die Kompetenzbereiche nach der KMK (2017) beschrieben werden kann,