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Salome Schneider Boye, Tobias Leonhard und Petra Herzmann
dem Be
rufseinstieg verbundene Herausforderung darstellt. Die empirischen Be-
funde von Košinár (2022), die aufzeigen konnte, dass die Bewährung im Berufs-
einstieg ein geteiltes Orientierungsproblem der befragten Studierenden darstellt
und die von Leineweber et al. (2021) identizierten Anforderungen des Meisterns
des Berufseinstiegs mit vollumfänglicher Verantwortungsübernahme, verweisen
insgesamt darauf, dass der Berufseinstieg und der damit verbundene Wandel der
Anforderungen eine anspruchsvolle Phase darstellt.
Die Studierenden des TriLAN-Samples standen im Frühsommer 2023 nach drei
Jahren Studium kurz vor ihrem Einstieg in die eigenverantwortliche Tätigkeit
als Lehrer:in. In ihrem Abschlussinterview4 blickten sie auf drei Jahre Studium
zurück und antizipierten dort zugleich ihren bevorstehenden Berufseinstieg und
u. a. die Arbeit mit Eltern. Mit dem Ende des Studiums endete auch ihre Zeit als
Student:in und Praktikant:in der Pädagogischen Hochschule. Während sie in die-
sem Zeitraum in den verschiedenen Praktika zwar aufgefordert waren, sich durch-
aus spannungsreich in diesen Subjektformen zu bewähren (Güvenç & Leonhard,
2023), ist im einphasigen System der Lehrer:innenbildung der Schweiz mit dem
Berufseinstieg oft5 die Übernahme der vollumfänglichen Verantwortung für eine
Schulklasse verbunden, was die Berufseinsteigenden dann auch zur Ansprechper-
son für die Eltern der Schüler:innen macht.
Dieser Übergang der Studierenden in die eigenverantwortliche Lehrtätigkeit inte-
ressiert uns im vorliegenden Beitrag, da «Subjektpositionen an Übergängen noch
nicht denitiv feststehen. Sie sind gekennzeichnet von Undeutlichkeit und Ambi-
guität, müssen um- und erkämpft und neu ausverhandelt werden» (Wanka, 2020,
S. 196), sie sind aber auch Anlässe der Entwicklung prospektiver Vorstellungen
zu neuen Aufgaben. Da der Übergang den Studierenden zum Zeitpunkt der Ab-
schlussinterviews noch bevorstand und ihr Berufseinstieg nicht mehr Untersu-
chungsgegenstand des auf das Studium gerichteten TriLAN-Projekts war, wer-
den im Beitrag anhand der Abschlussinterviews vor allem die Selbstverhältnisse
der Studierenden bezogen auf Elternzusammenarbeit und ihre prospektiven Positio-
nierungen einer zweistugen Analyse unterzogen. Eine solche Untersuchung ist
in zwei Hinsichten lohnend: Zum einen lässt sich damit herausarbeiten, wie die
Kon stellation von Schule und Elternhaus zum Gegenstand des Studiums wur-
de und wie sich die Studierenden am Ende des Studiums darauf beziehen. Zum
anderen wird eine empirische Grundlage erarbeitet, um die im Rahmen des Fol-
geprojekts TriLSA (Trajektorien im Lehrberuf – Subjektivierung in schulischen
4 Die vollständigen Interviews stehen als Open Research Data unter https://www.swissubase.ch/de/
researcher/my-studies/13952/19998/datasets/2492/3068/overview zur Verfügung.
5 Viele berufseinsteigende Lehrer:innen arbeiten als Klassenlehrer:in, so übernehmen beispielsweise
83% der abgehenden Studierenden der Pädagogischen Hochschule Zürich mit einer Anstellung als
Lehrer:in eine Anstellung als Klassenlehrer:in (Stühlinger & Selvachandran, 2023). Bisweilen teilen
sie sich diese mit einer erfahrenen Lehrperson.
doi.org/10.35468/6161-11