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Florian Grams
1 Die Biographie Edwin Hoernles
Geboren wurde Edwin Hoernle am 11. Dezember 1883 im württembergischen
Cannstatt als Sohn eines evangelischen Pfarrers. Seine ersten Lebensjahre ver-
brachte er in Indien, wo sein Vater als Missionar tätig war. Die Familie kehr-
te 1890 in das württembergische Beimbach zurück. Von 1890 bis 1896 erhielt
Hoernle Privatunterricht und besuchte dann eine Lateinschule und Gymnasien
in Ludwigsburg und Stuttgart. Nach Absolvieren des Abiturs und Militärdiensts
studierte er von 1904 bis 1909 eologie in Tübingen und Berlin (vgl. Weber &
Herbst, 2004, S. 320). Nach einem Selbstzeugnis Hoernles war es die Erfahrung
der proletarischen Lebensbedingungen in Berlin, die ihn in Opposition zu den
Lehrmeinungen der Kirche brachte (vgl. Hoernle, 1927). Trotzdem schloss er sein
Studium mit der Prüfung zum Vikar ab und trat seinen Dienst an. Nach nur drei
Monaten war Hoernle diese Arbeit aber unerträglich. In der Folge schlug er sich
als Privatlehrer in Berlin durch und suchte den Kontakt zu den Linken in der SPD
(vgl. Mehnert, 1963, S. 16f.). Ab 1910 war er Mitglied der Sozialdemokratie.
Hier avancierte er schnell zum gefragten Autor und Redakteur in verschiedenen
Parteizeitungen (vgl. Weber & Herbst, 2004, S. 321). So arbeitete er als zweiter
Redakteur mit Clara Zetkin an der Frauenzeitschrift Die Gleichheit und war für
ihre Kinderbeilage verantwortlich. Als bekannter Vertreter der Parteilinken verlor
er diesen Posten 1916 auf Betreiben des Parteivorstandes (vgl. Mehnert, 1963,
S.41). Aufgrund einer Herzkrankheit wurde Hoernle im ersten Weltkrieg für den
Kriegseinsatz untauglich erklärt. Wegen einer verbotenen Kundgebung für die
Freiheit Karl Liebknechts im Juni 1916 – auf der Edwin Hoernle sprach – wurde
ihm der Prozess wegen Aufruhrs und Vergehens gegen den Belagerungszustand
gemacht. Nach einer vierwöchigen Haft wurde Hoernle – trotz seiner Herzkrank-
heit – an die Westfront geschickt (vgl. Mehnert, 1963, S. 44f.). 1918 kam er
schwer verletzt in ein Heimatlazarett. Vom Krankenlager wurde Edwin Hoernle
in den Stuttgarter Arbeiter- und Soldatenrat gewählt. Hoernle war Gründungs-
mitglied der KPD und übernahm die Leitung des Parteibezirks Württemberg (vgl.
Weber & Herbst, 2004, S. 321).
Die folgenden Etappen seiner Biographie lesen sich als stetiger Aufstieg eines
kommunistischen Funktionärs. 1921 wurde er in die Zentrale der KPD gewählt,
wurde ein Jahr später deutscher Vertreter beim Exekutivkomitee der Kommunisti-
schen Internationale in Moskau, kehrte 1923 nach Deutschland zurück, zog 1924
in den Reichstag ein und blieb dessen Mitglied bis 1933. Nach der Machtübertra-
gung an die Nazis oh er über die Schweiz nach Moskau. In der Sowjetunion ar-
beitete er am internationalen Agrarinstitut und an der Akademie der Wissenschaf-
ten der Sowjetunion. 1945 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier übernahm er
sofort verantwortliche Positionen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und
in der jungen DDR. Am 21. Juli 1952 erlag Edwin Hoernle seinem Herzleiden
(vgl. Weber & Herbst, 2004, S. 321).
doi.org/10.35468/6162-02