Leonhard_et_al_2025_Worauf_es_wirklich_ankommt

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Leonhard, Tobias; Müller, Andrea; Herzmann, Petra
Worauf es wirklich ankommt. Mündliche Prüfungen zwischen akademischem
Anspruch und beruflicher Eignung
Leonhard, Tobias [Hrsg.]: Lehrer:in werden. Trajektorien in den Lehrberuf. Bad Heilbrunn : Verlag Julius
Klinkhardt 2025, S. 223-254. - (Studien zur Professionsforschung und Lehrer:innenbildung)
Quellenangabe/ Reference:
Leonhard, Tobias; Müller, Andrea; Herzmann, Petra: Worauf es wirklich ankommt. Mündliche Prüfungen
zwischen akademischem Anspruch und beruflicher Eignung - In: Leonhard, Tobias [Hrsg.]: Lehrer:in
werden. Trajektorien in den Lehrberuf. Bad Heilbrunn : Verlag Julius Klinkhardt 2025, S. 223-254 - URN:
urn:nbn:de:0111-pedocs-328853 - DOI: 10.25656/01:32885; 10.35468/6161-08
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-pedocs-328853
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Tobias Leonhard, Andrea Müller und Petra Herzmann
Worauf es wirklich ankommt.
Mündliche Prüfungen zwischen akademischem
Anspruch und beruicher Eignung
Zusammenfassung
Pädagogische Hochschulen sind Teil des gesellschaftlichen Berechtigungswesens.
Damit sind sie verpichtet, über zentrale Inhalte in relevanten Zieldimensionen
Prüfungen abzunehmen. Prüfungen stellen aufgrund ihrer Verbindlichkeit und
möglicher formaler Konsequenzen auch Studierende regelmässig vor Herausfor-
derungen. Im Beitrag wird neben grundsätzlichen Überlegungen zur Bedeutung
des Prüfens in pädagogischen Kontexten das Arrangement einer mündlichen
Prüfung zum Gegenstand adressierungsanalytischer Rekonstruktion. Teil des
Arrangements und Gegenstand der Rekonstruktion sind neben der eigentli-
chen Prüfungsinteraktion die darin involvierten schriftlichen Artefakte: eine
Prüfungsinformation mit Aufgabenstellung und Bewertungskriterien sowie ein
schriftliches Produkt der geprüften Studierenden. Im Beitrag wird deutlich, dass
die rekonstruierte Prüfung nicht vorrangig auf akademische Leistungen und eine
darauf bezogene Selektion zielt, sondern einen sanktionsbewehrten Anlass dar-
stellt, Studierende zur elaborierten Positionierung als Lehrer:in zu verpichten.
Prüfungen als Prinzip werden angesichts dieses Beispiels als Meta-Technik der
Subjektivierung sichtbar.
Schlagwörter: Lehrer:innenbildung; Prüfung; Pädagogik; Adressierungsanalyse;
Subjektivierung
Summary
Universities of teacher education are part of the social authorization system.
erefore, they are obliged to take examinations on central content in relevant
target dimensions. Due to their binding nature and possible formal conse-
quences, examinations also regularly challenge students. In addition to basic
considerations on the signicance of examinations in educational contexts,
this article focuses on the arrangement of an oral examination as a subject of
reconstruction using analysis of address. In addition to the reconstruction of
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the situated interaction, two written artifacts involved in the arrangement are
analyzed: the examination information with the task and assessment criteria as
well as a written product of the examined students. e article shows that the
reconstructed examination is not primarily aimed at academic rigour and selec-
tion, but rather represents a sanctioned occasion to oblige students to position
themselves as teachers in an elaborate way. Considering this example, exami-
nations as a principle become visible as a meta-technique of subjectication.
Keywords: teacher education; examination; analysis of address; subjectication
1 Einleitung
«Leistungsbewertungen bilden gleichsam die Epizentren der staatlich organisier-
ten Bildung» (Kronig, 2012, S. 51) und die mit Prüfungen verbundenen Auf-
wände und Aufregungen Studierender plausibilisieren, dass sie auch in der Praxis
der Lehrer:innenbildung von zentraler Bedeutung sind. Der eoretisierung des
TriLAN-Projektes folgend unternehmen wir den Versuch, anhand eines Falles aus
dem Datenkorpus empirisch herauszuarbeiten, wie der Anlass einer mündlichen
Prüfung, die vorauslaufenden Informationen und Aufträge, aber auch die interak-
tive Ausgestaltung der Prüfung selbst, einen Beitrag zur Subjektivierung der Prü-
fungsteilnehmenden leisten. «In der empirischen Subjektivierungsforschung wird
reektiert, dass – und wie – Menschen durch diskursive, räumliche, materielle,
institutionelle Ordnungen ‹unterworfen› werden, und daraus zugleich als Han-
delnde hervorgehen» (Bosančić, 2022, S. 10, Hervorh. i. O.). Ziel des Beitrags ist
es daher aufzuzeigen, welche Wissensordnung mit der Prüfung emergiert, und wie
die Studentin1 unseres Falls durch die Prüfung und in dieser Prüfung situativ zu
einer ‹Bestimmten› (gemacht) wird bzw. sich selbst zu ebendieser macht.
Das Erkenntnisinteresse, das den konkreten Fall übersteigt, besteht darin, das
singuläre Geschehen nicht nur als Prototyp einer Prüfung im Studium zum
Lehrberuf zu untersuchen, sondern daran zu zeigen, wie und warum Prüfungen
generell auch als ‹Epizentren› der Subjektivierung betrachtet werden können.
Die Metapher des Epizentrums scheint uns passend, weil Prüfungen sowohl
Flucht- als auch Ausgangspunkt institutionalisierter Prozesse der Einwirkung
auf Menschen auch in der Lehrer:innenbildung sind. An der im Folgenden re-
konstruierten Prüfung untersuchen wir ausserdem, inwiefern sich eine historisch
bis an den Beginn des 20. Jahrhunderts zurückzuverfolgende komplementäre
Perspektivierung der Lehrer:innenbildung auf «Persönlichkeit oder Wissen-
schaftsbasierung» (Homann-Ocon, 2017, S. 299) in der aktuellen Prüfungs-
praxis (weiterhin) abbildet. Wir begründen im Beitrag, Ricken und Reh (2017)
1 Alle Personenangaben sind pseudonymisiert. Auch die Geschlechtszuordnung ist willkürlich.
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folgend, die Prüfung „als eine der zentralen pädagogischen Praktiken selbst
zu
konzipieren und [in dessen Folge] in der Beschreibung sowohl der historisch sich
wandelnden Form(en), Funktion(en) und Eekte als auch der Struktur(en) und
Logik(en) das ‹pädagogische Geschehen› selbst in actu zu rekonstruieren“ (S. 248,
Hervorh. i. O.). Zusätzlich zur Rekonstruktion des Interaktionsgeschehens be-
ziehen wir ein vorauslaufendes Artefakt sowie ein zweites Artefakt als Teil der
Prüfung mit ein.
Nicht zuletzt greifen wir im Beitrag ein Desiderat von Herzmann und Liegmann
(2020) auf, die es für «unmittelbar plausibel [halten], dass die Logik einer Prü-
fung und die zur Sprache gebrachten Geltungsansprüche im Zusammenhang mit
den fachlichen Gegenständen und Inhalten der Prüfung stehen» (S. 743, Hervorh.
d.A.). Diesen Zusammenhang berücksichtigen wir durch die Untersuchung der
fachlichen Wissensordnung, die wir sowohl als normative Ordnung, als Anerken-
nungsordnung und als Ordnung der Gegenstände fassen, und die zu zwei Anlie-
gen führt: Wir möchten erstens empirisch zeigen, worauf es in der untersuchten
Prüfung tatsächlich ankommt und zweitens rekonstruieren, welche Subjektivie-
rungsimpulse aus der rekonstruierten Wissensordnung für die geprüfte Studentin
resultieren.
Der Beitrag ist wie folgt strukturiert: Zunächst begründen wir die bereits vertrete-
ne Position, dass Prüfungen Schlüsselsituationen in Prozessen der Subjektivierung
darstellen und erarbeiten etwas ausführlicher aus der – gerade für Prüfungen in
der Lehrer:innenbildung – weiterhin übersichtlichen Befundlage unsere Unter-
suchungsfragen (Kap. 2). Im dritten Abschnitt beschreiben wir den in TriLAN
untersuchten Prüfungskontext und das methodische Vorgehen (Kap. 3). Die Re-
konstruktion des Artefakts der Vorinformation zur Prüfung erönet den Abschnitt
4 (Kap. 4.1). Daran schliesst sich die Untersuchung ausgewählter Sequenzen der
Prüfungsinteraktion an (Kap. 4.2), bevor ein weiteres Artefakt, das im Prüfungs-
verlauf eine Rolle spielt, rekonstruiert wird (Kap. 4.3). Der Beitrag schliesst mit
einer Bilanz des Erreichten, aber auch der Limitationen desselben (Kap. 5).
2 eoretische Rahmung
Im Folgenden rekapitulieren wir zunächst einige grundlegende Aspekte von
Prüfungen, vor allem die Frage der gesellschaftlichen Bedeutung des ‹Prinzips
Prüfung›, ihrer Verankerung und Funktion im erziehungswissenschaftlichen Dis-
kurs, in Bildungsinstitutionen und besonders in der Lehrer:innenbildung (Kap.
2.1). Im Anschluss stellen wir in Kürze die Überlegungen dar, das Prüfungsge-
schehen im Studium zum Lehrberuf als Subjektivierungsgeschehen zu fassen und
damit einen ebenso dierenzierten wie machttheoretisch perspektivierten Blick
auf das Prüfen als häuges Ereignis im Prozess des Lehrer:in-Werdens werfen zu
können (Kap 2.2). In der Summe dienen die Überlegungen des Abschnitts der
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Erarbeitung von Untersuchungsfragen, anhand derer wir die Rekonstruktions-
schwerpunkte festlegen.
2.1 Überlegungen zu Prüfungen
Konstellationen des Prüfens
Die etymologische Breite des Begris Prüfen, beginnend mit «erfahren, spüren,
empnden (i. S. des Probierens) über betrachten, erwägen, bedenken und billigen,
gutheißen bis hin zu zeigen, bewähren, beweisen» (Ricken & Reh, 2017, S. 249,
Hervorh. i. O.) verweist auf eine ebenso grundlegende wie vielfältige Ausprägung
des damit Bezeichneten. Anthropologisch betrachtet erfordert die Ontogenese ei-
nes menschlichen Selbstverhältnisses die Vergewisserung über ein Weltverhältnis,
die im Modus der Prüfung als Relationierung zwischen Selbst und Welt stattn-
det. Sich und etwas zu prüfen als zweistellige Konstellation der «Probe» (Ricken &
Reh, 2017, S. 251) unterscheidet sich dann jedoch fundamental von der Kon-
stellation des Prüfens, in der eine zweite (Subjekt-)Position hinzutritt und zur
Prüfungsinstanz der ersten wird: «Jemand prüft jemanden hinsichtlich etwas, was
dessen Auseinandersetzung mit Welt, mit außer ihm Liegendem bedeutet und
auch hier erst entstanden ist» (Ricken & Reh, 2017, S. 251). Die Breite der pro-
totypischen Konstellationen des Prüfens ist dann umfassend charakterisiert, wenn
man sie durch ein «viertes Moment» ergänzt, das Prüfung als «ein Geschehen ‹vor
jemand anderem› bzw. ‹vor anderen›» (Ricken & Reh, 2017, S. 251, vgl. auch Ri-
cken, 2009) fasst. Auch die im Folgenden untersuchte Prüfungssituation zeichnet
sich durch diese Vierstelligkeit aus.
Prüfen als Konstitutionsmerkmal pädagogischen Handelns
Mit Prange lässt sich argumentieren, dass das pädagogische Verhältnis die Prü-
fung konstitutiv miteinschliesst: «Wir handeln ausdrücklich pädagogisch, indem
wir einem anderen etwas so zeigen, dass er oder sie es wieder zeigen kann, und
auch bewegt wird, eben dies zu tun. Das ist nebenher bemerkt auch der Grund,
weshalb zum Erziehen unvermeidlich das Prüfen gehört». Der «Regelkreis von
Zeigen – Lernen – Prüfen» (Prange, 2012a, S. 84, Hervorh. getilgt) entsteht
nicht allein durch die pädagogische Absicht, sondern durch die Erwartung des
‹Wiederzeigen-Könnens›, deren Verbindlichkeit dadurch erhöht wird, dass die
angestrebten Entwicklungsfortschritte auch zum Gegenstand der Überprüfung
werden. Dies geschieht in als ‹typisch pädagogisch› identizierbaren Interakti-
onsmustern wie dem IRE-Schema, in dem die Antwort auf «known information
questions» (Mehan, 1979, S. 291) evaluiert und damit auf ihre Richtigkeit ge-
prüft wird (vgl. auch Ricken & Otzen, 2023, S. 278).
Die «konstitutive pädagogische Dierenz von Zeigen und Lernen» (Prange,
2012b, S. 104) erzeugt im Zusammenhang mit den Ansprüchen, die in pädago-
gischen Beziehungen das gesellschaftliche Strukturproblem der Generationalität
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摘要:

Leonhard,Tobias;Müller,Andrea;Herzmann,PetraWoraufeswirklichankommt.MündlichePrüfungenzwischenakademischemAnspruchundberuflicherEignungLeonhard,Tobias[Hrsg.]:Lehrer:inwerden.TrajektorienindenLehrberuf.BadHeilbrunn:VerlagJuliusKlinkhardt2025,S.223-254.-(StudienzurProfessionsforschungundLehrer:innenbi...

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