SZBW_2001_H3_S513_Heid_D_A

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Heid, Helmut
Situation als Konstrukt. Zur Kritik objektivistischer Situationsdefinitionen
Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 23 (2001) 3, S. 513-528
Quellenangabe/ Reference:
Heid, Helmut : Situation als Konstrukt. Zur Kritik objektivistischer Situationsdefinitionen - In:
Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 23 (2001) 3, S. 513-528 - URN:
urn:nbn:de:0111-opus-37786 - DOI: 10.25656/01:3778
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-opus-37786
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Situation als Konstrukt.
Zur Kritik objektivistischer
Situationsdefinitionen1
Helmut Heid
Revue suisse des sciences de l’éducation 23 (3) 2001 513
Der Situationsbegriff spielt in der aktuellen Lehr-Lern-Forschung eine bemerkens-
werte Rolle. Damit soll die Aufmerksamkeit in spezifischer Weise auf die Tatsache ge-
lenkt werden, dass menschliches Lernen stets unter konkreten Umweltbedingungen
stattfindet und dass die Qualität der Resultate menschlichen Lernens unter anderem
von der Qualität der jeweiligen Lernumgebung abhängt.
Die hohe Plausibilität dieser Feststellung begünstigt die Vernachlässigung der Frage,
wieweit die jeweilige Lernumgebung lehr-lern-theoretisch nicht nur eine unabhän-
gige, sondern auch und vor allem eine (von Lernen) abhängige Variable ist: Das als
"Situation" Gekennzeichnete ist keine Tatsache im physikalischen Sinn, sondern Re-
sultat einer Tatsacheninterpretation, also ein theoretisches Konstrukt. Das gilt auch
für die lehr-lern-theoretisch postulierten (Qualitäts-) Merkmale der Situation; das
sind im besonderen die Authentizität und die Komplexität wünschenswerter Lern-
umgebungen. Der folgende Beitrag bezweckt den Versuch, zur methodischen Klärung
der Konzeption «Situiertes Lernen» beizutragen.
In der aktuellen lehr-lern-theoretischen Diskussion wird das Wort «Situation»
verwendet, um die Kontextualität jeglichen Lernens hervorzuheben. Lernen er-
folge – so die These – stets in konkreten Situationen, nämlich in der aktiven und
konstruktiven Auseinandersetzung mit einer konkreten Lernumgebung (Situa-
tion). Und das in stets situierten Lernprozessen generierte Wissen sei und bleibe
(zunächst nur) kontextuell bedeutsam und anwendbar. Mit der kontextuellen
Repräsentation situiert aufgebautem bzw. konstruiertem Wissen sei ausserdem
das Problem mehr oder minder eingeschränkter Anwendbarkeit solchen Wissens
in anderen Problemlösungssituationen – das sogenannte Transferproblem – ver-
bunden.
Auf der Basis der Grundannahme, dass Aufbau und Repräsentation jeglichen
Wissens situativ erfolgten, entwickelte sich eine ganze Reihe von Forschungsini-
tiativen und -traditionen, die die Frage nach der optimalen Lernumgebung ins
Zentrum der Aufmerksamkeit stellten und stellen. So unterschiedlich die ver-
Thema
schiedenen Ansätze im einzelnen auch sind, weitgehende Übereinstimmung be-
steht darin, dass der Aufbau nicht trägen (dazu Renkl, 1996), das heisst in neuen
Situationen verwendbaren Wissens von Lernumgebungen wesentlich profitiere,
die u.a. durch folgende Merkmale gekennzeichnet seien, nämlich durch Kom-
plexität, «also» den Verzicht auf didaktische Reduktion oder Vereinfachung (so
z.B. Achtenhagen, 1992), durch Authentizität, «also» grösstmögliche Rea-
litätsnähe, und durch die wesentlich darin begründete Möglichkeit, Lern- oder
Leistungsprobleme und darauf bezogene Problemlösungskompetenz zu generie-
ren, «also» problemorientiertes Lernen zu ermöglichen.
Die zentrale Frage dieses Beitrags lautet, ob die Situation und die besonders
herausgestellten Eigenschaften instruktionstheoretisch postulierter Situationen,
nämlich «Komplexität», «Authentizität» und die damit korrespondierende «Pro-
blemhaltigkeit» der Lernumgebung für Lernen unabhängige oder zumindest
auch von Lernen abhängige Grössen sind. Dass die Betonung der Situiertheit des
Lernens in der Regel auf der Basis des lehr-lern-theoretischen Konstruktivismus
erfolgt (Gerstenmaier & Mandel, 2001, S. 5), wird im Lauf der Argumentation
wichtig und sei deshalb schon hier erwähnt.
Zur Definition des Wortes «Situation»
Es gibt keine allgemeinverbindliche Definition des Wortes «Situation». Es ist so-
gar schwierig, die Vielzahl vorfindlicher Definitionen – etwa nach gemeinsamen
Definitionsmerkmalen – zu gruppieren (Arnold, 1981a & 1981b; Achtenhagen
2001). Aus diesem Grund erscheint es zweckmässig, von einer vergleichsweise
häufig verwendeten Definition auszugehen. Danach wird mit dem Wort «Situa-
tion» eine «relativ komplexe Konstellation objektiver Umweltfaktoren» bezeich-
net (Laucken, 1995, S. 931; Mandl, Gruber & Renkl, 1997, S. 168). Bei dieser
Definition liegt der Akzent auf zwei für die Bestimmung kennzeichnenden
Merkmalen, und zwar erstens auf externalen Komponenten dessen, was als «Si-
tuation» bezeichnet wird, sowie zweitens auf deren Komplexität. Eine Bekräfti-
gung findet die mehr oder minder starke Betonung dieser externalen Kompo-
nenten im instruktionstheoretischen Postulat der Authentizität (Brown, Collins
& Duguid, 1989; Bransford, Franks, Vye & Sherwood, 1989; Collins, Brown &
Newman, 1989; Honebein, Duffy & Fishman 1991; Dubs, 1995; Greeno,
1997), das in den meisten Konzepten situierten Lernens eine zentrale Rolle spielt
(dazu Gerstenmaier & Mandl 1995, S. 867). Zwar bleibt in anderen vorfind-
lichen Definitionen die Perspektive jenes Subjektes nicht ausser Betracht, das
sich in einer – durch externale Faktoren bestimmten – Situation befindet und
dessen Befindlichkeit durch diese Faktoren beeinflusst wird oder bedingt ist (z.B.
bei Jaspers 1931/19605und bei Lewin, 1951/1963, S. 271ff. u. passim), jedoch
als wesentlich für das meistens mit «Situation» Bezeichnete gelten doch durch-
weg die externalen Komponenten.
514 Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 23 (3) 2001
Thema
Erkenntnistheoretische Problematisierung des
herrschenden Situationsverständnisses
So richtig es auch sein mag, dass eine Situation stets mit Bezug auf beobachtbare
Umweltfaktoren gedacht, bestimmt und identifiziert wird, so wichtig ist ande-
rerseits aber bereits erkenntniskritisch, dass dasjenige, was wir unter ausschliess-
licher oder akzentuierter Bezugnahme auf externale (Umwelt-)Faktoren «Situa-
tion» nennen, Resultat einer Bestimmung ist, die von der Wahrnehmung oder
von der Beobachtung externaler Faktoren (Tatsachen) kontrolliert werden mag,
die aber dennoch nicht mit der aussersubjektiven und insofern «objektiven» Re-
alität verwechselt werden darf. Tatsachen werden in stets selektiven Tatsachen-
feststellungen und Tatsachenfeststellungen in Tatsacheninterpretationen konsti-
tuiert. Relevant werden (so konstituierte) Tatsachen (erst) im Licht unent-
behrlichen Vor-Wissens und eines von Erkenntnis- oder Handlungs-Zwecken
bestimmten Interesses. Zwischen den externalen, aussersubjektiv existierenden
und in diesem Sinn objektiven Gegebenheiten einerseits und der subjektiven Re-
zeption und Interpretation dieser Gegebenheiten andererseits besteht eine Diffe-
renz, die wir mit Hilfe methodologischer Regeln und methodischer Kontrollen
zu überbrücken versuchen, niemals aber wirklich zu überwinden oder zu di-
spensieren vermögen. Bereits Kant vertritt die Auffassung, «dass alle unsre An-
schauung nichts als die Vorstellung von Erscheinungen sei; dass die Dinge, die
wir anschauen, nicht das an sich selbst sind, wofür wir sie anschauen, noch ihre
Verhältnisse so an sich selbst beschaffen sind, als sie uns erscheinen, und dass,
wenn wir unser Subjekt oder auch nur die subjektive Beschaffenheit der Sinne
überhaupt aufheben, alle die Beschaffenheit, alle Verhältnisse der Objekte im
Raum und Zeit, ja selbst Raum und Zeit verschwinden würden, und als Er-
scheinungen nicht an sich selbst, sondern nur in uns existieren können. Was es
für eine Bewandtnis mit den Gegenständen an sich und abgesondert von aller
dieser Rezeptivität unserer Sinnlichkeit haben möge, bleibt uns gänzlich unbe-
kannt. Wir kennen nichts, als unsere Art, sie wahrzunehmen, die uns eigentüm-
lich ist, die auch nicht notwendig jedem Wesen, ob zwar jedem Menschen, zu-
kommen muss» (Kant, 1781/1787; 1956, S. 87 [A 41, 42]).
Unabhängig davon, welche Funktion den (vermeintlich) externalen (Um-
welt-)Faktoren in der Konstitution des Situationskonzeptes zugebilligt wird, sie
sind nicht wirklich external und können es aus dargelegten erkenntniskritischen
Gründen gar nicht sein. Situation welchen Verständnisses auch immer ist nie-
mals nur unabhängige Variable der Befindlichkeit oder der Merkmalsausprägung
des in einer Situation Sich-Verhaltenden oder Sich-Befindenden (= abhängige
Variable), sondern immer und unvermeidbar auch (wahrscheinlich sogar zuvor,
mindestens aber zugleich) abhängige Variable des diese Situation definierenden
und konstituierenden Subjektes (ähnlich Arnold, 1981, S. 277; Ebner, 2000, S.
117). Konkret formuliert: Ein Lernender, der mit einer (komplexen und au-
thentischen) Situation konfrontiert wird, wird damit nicht auch schon mit dem
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Thema
摘要:

Heid,HelmutSituationalsKonstrukt.ZurKritikobjektivistischerSituationsdefinitionenSchweizerischeZeitschriftfürBildungswissenschaften23(2001)3,S.513-528Quellenangabe/Reference:Heid,Helmut:SituationalsKonstrukt.ZurKritikobjektivistischerSituationsdefinitionen-In:SchweizerischeZeitschriftfürBildungswiss...

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