
Klieme/Leutner:Kompetenzmodelle zur Erfassung individuellerLernergebnisse877
konnten.AlsErgebniswurden –jedenfallsim Schulwesen –weitreichendeMaßnahmen
in Angriff genommen wie z.B.gezielteUnterrichtsreformenfür Mathematik und Na-
turwissenschaften (die bei derjüngsten PISA-Untersuchung bereits Wirkung zu zeigen
schienen;vgl.Prenzel etal.,2004,2005) oderInitiativen zur individuellen Förderung
derLesekompetenz.Ein Kernelementderneuen Reformagenda–dassie von früheren
Bildungsreformen unterscheidet– ist derAufbauvon Evaluationsagenturen,die Lerner-
gebnissesowohl aufderEbeneeinzelnerKlassen und Schulen alsauchaufderEbene
derBildungssystemeermittelnund an die Akteurezurückmelden.Schulpolitik und
Schulpraxisverändernsich dadurch nachhaltig in Richtung aufevidence-based policy
and practice(Slavin,2002; vgl.auchDitton,2000). Inanderen Bildungsbereichen (vor-
schulische Bildung und Betreuung,berufliche Aus-und Weiterbildung,Hochschulen)
bahnen sichanaloge Entwicklungen an. Sowohl zurEvaluationderBildungseinrichtun-
genalsauchzur Begründung pädagogischerMaßnahmen im Einzelfall müssen Lern-
voraussetzungen und Lernergebnissen differenziert erfasst werden. Beispielsweisezielen
neueBachelor/Master-Studiengänge aufdie Vermittlung spezifischerKompetenzen,die
prinzipiell überprüfbarseinsollen,und auchbei derZulassung zumStudiumwerden in
wachsenderZahl eignungsdiagnostische Verfahren verwendet(vgl.die diesbezüglichen
Empfehlungen derDt.Gesellschaftfür Psychologie;Gold &Souvignier,im Druck;Köl-
ler,2004).
DerMessung von Kompetenzen kommtdemnach eine Schlüsselfunktion für die
Optimierung von Bildungsprozessen und für die Weiterentwicklung desBildungswe-
senszu.Von derpädagogisch-psychologischenForschung wirderwartet,dass sie ent-
sprechende Messverfahren bereitstelltalsBasisfür Förder-,Platzierungs-und Auswahl-
entscheidungen,für Benotung und Zertifizierung von Lernenden,aberauch für die
Evaluation von pädagogischen Maßnahmen und Institutionensowie die laufende Beo-
bachtung derQualitätvon Bildungssystemen und ihrergesellschaftlichenWirkungen.
Mitdem Schwerpunktprogramm (SPP)sollendie wissenschaftlichenVoraussetzungen
zurErfüllung dieserAufgaben maßgeblichverbessert werden.Wie anspruchsvoll die Er-
fassung von Lernvoraussetzungen und -ergebnissen theoretischund methodischist,
wirdin derBildungspraxisund -politik häufig nichtwahrgenommen. Kompetenzmes-
sung mussdie BinnenstrukturderKompetenzen,d.h. dieTeilfähigkeiten (z.B.Umgang
mitnarrativen Texten einerseits,mitdiskontinuierlichen Texten andererseits)ebenso
wie die Niveaustufungen differenziert darstellen;sie soll zudem Veränderungen im
Lern- und Entwicklungsprozess abbilden können.Die Messverfahren bedürfen dazu der
Verankerung in empirischgeprüften kognitionspsychologischenbzw.fachdidaktischen
Kompetenzmodellen,die Struktur,Graduierung und EntwicklungsverläufederKompe-
tenzen abbilden. Die Kompetenzmessung muss sich darüberhinaus aufpsychometrische
Modelle stützen,die gewissermaßen zwischenMessoperation und Kompetenzmodell
vermitteln,d.h. begründen,wie ein Messergebnis(z.B.Anzahl und Art dergelösten
Aufgaben)im Sinne desKompetenzmodells zu interpretieren ist.
Modelle und Verfahren sind im SPP ausnahmslosaufkonkreteLern- und Hand-
lungsbereiche bezogen,die für Bildung und Ausbildung relevantsind. Esgehtalsoz.B.
nichtumschlussfolgerndesDenkenalsabstraktespsychologischesKonstrukt,sondern–