und hinter seinem Chef Franzisco Pizarro gleich den langersehnten Viracocha in Person
vermuteten?
Dieser seltsame Glaube an »Götter«, die »aus dem Himmel« oder »aus weiter Ferne«
zurückerwartet wurden, ist ein weltweites Merkmal vieler alter Kulturen. Als der holländische
Admiral Jakob Roggeveen am Ostersonntag des Jahres 1722 die Osterinsel entdeckte, ruderte
ihm schon drei Kilometer vor der Küste ein Mann entgegen. Die Holländer holten den
Einzelgänger an Bord, und der fiel zuerst einmal ehrfürchtig auf die Schiffsplanken. Admiral
Roggeveen umrundete das Inselchen und muß dabei wohl die Hunderte von riesigen
Steinfiguren mit großen, glänzenden Augen und wuchtigen, rostroten Hüten auf den Köpfen
bestaunt haben, die allesamt stur zur See hinausstarrten, als ob sie) emanden aus weiter Ferne
erwarteten. Da Roggeveen wegen der zackigen Felsriffe an der Küste keinen Landeplatz fand,
ließ er die Anker setzen und schenkte seinem seltsamen Gast drei Kleidungsstücke. Der
wiederum verwechselte die Hosenbeine mit den Armlöchern. Er wußte eindeutig nicht, was
man mit Kleidungsstücken tat. Als ihm die Seeleute Messer und Gabel in die Hand drückten
und die »Happhapp-Bewegung« vormachten, rollte er die Augen und biß auf der leeren Gabel
herum. An Bord gefiel es dem Insulaner derart gut, daß er bei seinen »Göttern« bleiben
wollte. Roggeveen und seine Offiziere mußten eine regelrechte Pantomime aufführen und
schließlich sogar Gewalt anwenden, um den Eingeborenen wieder loszuwerden. Anschließend
stürmte eine begeisterte Menge von Osterinsulanern das Schiff. Die holländische Besatzung
glaubte sich in Gefahr, Messer wurden gezückt, Blut floß, es fielen Schüsse.
Tags darauf wagten sich 150 Mann an die Küste. Sie wurden von einer aufgewühlten
Bevölkerung umringt, eingezwängt und mit Geschenken aller Art überhäuft. Wiederum lösten
die Holländer die unangenehme Umklammerung mit Messern und Schüssen. Die Menge stob
auseinander, und »die Verwirrung dieser Leute war überaus groß« [7]. Die Insulaner warfen
sich vor den Holländern auf den Boden, und als sie sich wieder zu rühren trauten, robbten sie
zurück und blieben nunmehr auf mindestens zehn Schritt Sicherheitsdistanz. Die
holländischen »Götter« hatten sich Respekt verschafft.
Schade, daß Admiral Jakob Roggeveen wegen zweier verlorener Anker die Weiterreise befahl
und keine Osterinselforschung betrieb. Er hätte von den Eingeborenen einiges über diese
seltsamen Steinfiguren mit den glitzernden Perlmuttaugen und den pompösen Hüten erfahren
können. So wissen wir denn bis heute nicht, wen die Osterinsulaner eigentlich darstellten. Die
großen Figuren mit ihren zusammengekniffenen, schmalen Lippen und ihren ernsten,
roboterhaft wirkenden Gesichtszügen gleichen keinem Menschenschlag aus dem Raume der
Südsee. Wer also wurde imitiert? Auch hätte ein alter Osterinsulaner den Holländern
vielleicht berichtet, wer die Lehrmeister waren, die ihnen beibrachten, auf ihrem winzigen
Eiland exakt dieselbe Mauerbautechnik anzuwenden, wie sie im fernen Hochland von Peru
auch von den vorinkaischen Stämmen praktiziert wurde.
Spätere Besucher der Osterinsel fanden an »der Südküste ein Kuhhaus auf einem
gepflasterten Platz, auf dem die Götter verehrt wurden, die von weither in Schiffen
gekommen waren« [8]. Der Historiker K. Nevermann hält es für wahrscheinlich, daß mit
diesen »Göttern« Admiral Roggeveen und seine Besatzung gemeint waren. Mag sein, aber
wen hatten die Insulaner eigentlich vor Roggeveen erwartet?
Im Jahre 1767 stieß der englische Seefahrer Samuel Wallis im südlichen Pazifik auf eine
ansehnlich große Insel: Tahiti. Scheinbar ohne Grund attackierten die Insulaner sein Schiff.
Nur zwei Jahre später landete der französische Entdecker Louis Antoine de Bougainville auf
der Insel und wurde von den Eingeborenen herzlich aufgenommen. Die Männer wurden